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Drei Fragen – Drei Meinungen

Interviews

Mittwoch, 13.11.2024

Stimmen aus der Branche rund um das Thema „Diversität/Vielfalt“, das Heftmotto des Klimajournals 2-2024.

Quelle: Adobe Stock

Stimmen aus der Branche: Professorin Dr.-Ing. Martina Hofmann, Geschäftsführerin KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie Bereichsleiterin von „Erneuerbare BW“ / Malte Knief, VALLOX GmbH / Thomas Reiche, AiF Allianz für Industrie und Forschung

„Unterschiedliche Herangehensweisen als Gewinn empfinden“,
Professorin Dr.-Ing. Martina Hofmann, Geschäftsführerin KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie Bereichsleiterin von „Erneuerbare BW“, Stuttgart.
Quelle: KEA-BW
„Unterschiedliche Herangehensweisen als Gewinn empfinden“, Professorin Dr.-Ing. Martina Hofmann, Geschäftsführerin KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie Bereichsleiterin von „Erneuerbare BW“, Stuttgart.

1. Diese Ausgabe des Klimajournals steht unter dem Leitmotiv „Diversität“. Was bedeutet das Thema im Allgemeinen für Sie/Ihre Institution? Führen Sie dabei gerne auch Aspekte auf, was Sie sich rund um „Vielfalt“ wünschen oder was Sie als Herausforderung sehen.

Professorin Dr.-Ing. Martina Hofmann: Für mich bedeutet Diversität eine Vielfalt an Meinungen, Perspektiven und Lösungen. Die Herausforderung für uns als KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) liegt darin, die breite Bevölkerung anzusprechen und nicht nur Angebote für bestimmte Zielgruppen zu kreieren, die sich ohnehin schon für den Klimaschutz einsetzen. Da wir bei der KEA-BW doch alle ein ähnliches „Mindset“ haben, fällt uns das manchmal nicht ganz leicht. Wir wissen aber, dass die Akzeptanz ein ganz wesentlicher Faktor für den Erfolg von Erneuerbare-Energien-Projekten ist. Deshalb müssen wir die Menschen im Land mit ihrer Vielfalt an Meinungen abholen und vom Nutzen der Energiewende überzeugen.

Malte Knief: Diversität bedeutet für uns, dass Menschen aus verschiedenen Generationen und Ländern, mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, ob Lüftungsspezialist oder Quereinsteiger, erfolgreich in einem Team zusammenarbeiten. Hierbei spielt auch unsere offene Unternehmenskultur eine große Rolle. Man duzt sich, spricht auf Augenhöhe, respektiert sich, ist neugierig auf den anderen. Ich denke, dass Diversität im Unternehmen als Chance zu sehen ist: Diverse Teams mit individuellen Persönlichkeiten und Fähigkeiten sorgen für „frischen Wind“ und neue Ideen. Es gibt sogar Studien, die ergeben haben, dass ein diverses Team signifikant zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Ein spannendes Thema! Diversität ist wichtig, um die Lüftungsbranche voranzutreiben und innovative und energieeffiziente Lösungen zu entwickeln. Wir brauchen neue Ideen für mehr Energieeffizienz und Klimaschutz!

Thomas Reiche: Die „Allianz für Industrie und Forschung“ (AiF) ist schon aufgrund ihrer Mitglieder divers. Insgesamt 85 gemeinnützige Forschungsvereinigungen decken nahezu alle Branchen von Automobil- bis Zelluloseindustrie ab und ermöglichen unter ihrem Dach Forschung von Zehntausenden kleinen und mittleren Unternehmen in Kooperation mit mehr als 1.000 Forschungseinrichtungen in Deutschland. Technologieoffenheit gehört dabei zu den wichtigsten Werten dieses Innovationsengagements und zu den Grundlagen für nachhaltigen Wissenstransfer, dessen Katalysator auch Diversität ist. Der Begriff „Allianz“ in unserem Namen macht deutlich, dass man sich in der inhaltlichen und geografischen Breite verbindet – als industriegetragenes Netzwerk zur Förderung von Forschung, Transfer und Innovation im Mittelstand. Ziel ist, Forschung für den Mittelstand zu initiieren, den wissenschaftlichen Nachwuchs und Fachkräfte auf zukunftsweisenden Gebieten zu qualifizieren.

„Erfolgreich in einem Team zusammenarbeiten“, Malte Knief, Geschäftsführer, VALLOX GmbH, Dießen.
Quelle: VALLOX GmbH
„Erfolgreich in einem Team zusammenarbeiten“, Malte Knief, Geschäftsführer, VALLOX GmbH, Dießen.

2. In welchen Fällen sind für Sie individuelle technische Ansätze sinnvoll, wo Standardlösungen und wo eine Kombination aus beiden? Nennen Sie bitte konkrete Beispiele aus Ihrer Praxis.

Professorin Dr.-Ing. Martina Hofmann: Standardlösungen sind sehr wichtig, wenn es darum geht, in kurzer Zeit möglichst viel umzusetzen. Individuelle Ansätze sind stets notwendig, doch sie sollten – wo immer möglich – mit Standardlösungen kombiniert werden. Ein Beispiel: Eine Windkraftanlage ist ein fix definiertes, in sich schlüssiges funktionierendes Produkt, also eine Standardlösung. Diese wird dann in der Betriebsweise auf den jeweiligen Standort angepasst, ist daher nur gering individualisiert. Bei Photovoltaik ist das schon etwas anders. Zumindest die Kombination zwischen Modulen und Elektronik (Wechselrichter, Batterie) muss auf die Randbedingungen reagieren. Im Heizungsbereich ist es noch viel stärker individuell, weil jedes Gebäude anders ist. Insbesondere bei der Nutzung von erneuerbaren Energien muss auf die Randbedingungen angepasst werden.

Malte Knief: Generell gesprochen, sollten Produktlösungen, in unserem Fall Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung, stets „maßgeschneidert“ geplant und installiert werden. Jedes Gebäude hat individuelle Anforderungen, vor allem in der Sanierung. Je individueller die Lösungen geplant werden, desto mehr Effizienz und Komfort für die Nutzer. In der Praxis werden aus Kostengründen meist eher Standardlösungen oder eine Kombination umgesetzt. Besonders aktuell ist ja gerade das Thema serielle Sanierung. Es geht darum, mit vorgefertigten Komponenten schnell bezahlbaren und klimaneutralen Wohnraum zu schaffen. Dementsprechend machen hier geschwind nachrüstbare Standardlösungen mehr Sinn. Dafür haben wir zum Beispiel „ValloSprint“; das sind vorkonfektionierte Pakete für die zügige und kosteneffiziente Installation einer zentralen Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Doch auch dezentrale Geräte wie der Einzelraumlüfter „B 44“ sind als serielle Lösung einfach nachrüstbar.

Thomas Reiche: Technische und ökologisch-ökonomische Bedarfe sind vorrangig der Ursprung neuer Forschungsvorhaben. Individuelle Lösungen sind nicht selten der Ansatz für künftige Forschungsergebnisse, die von vielen Unternehmen der gleichen Branche und branchenübergreifend genutzt werden können. Eine Standardisierung dafür zu entwickeln, unterstützt die künftige breite Anwendung erheblich. So hat beispielsweise ein gemischtes, junges Forschungsteam innerhalb der industriellen Gemeinschaftsforschung eine neue Standardisierung zur höheren Beimischung von Restbeton beim Herstellen von Frischbeton initiiert. Eine Ressourcenschonung von etwa zehn Prozent kann damit zur Norm werden. Unter anderem hat die AiF eine Partnerschaft mit dem Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) entwickelt, auch um den Mittelstand frühzeitig beim Normungspotential von Zukunftsthemen mitzunehmen.

„Auf zukunftsweisenden Gebieten qualifizieren“, Thomas Reiche, Vorstand, AiF Allianz für Industrie und Forschung, Berlin.
Quelle: FEhS
„Auf zukunftsweisenden Gebieten qualifizieren“, Thomas Reiche, Vorstand, AiF Allianz für Industrie und Forschung, Berlin.

3. Wie zeigt sich „Vielfalt“ in Ihrer Organisation? Stichworte: Mitarbeiterschaft, Kommunikation, Innovationsmanagement, Produkte/Services, Biodiversität, … Welche Erfahrungen machen Sie hier beziehungsweise auf was ist Ihrer Ansicht nach jeweils speziell zu achten?

Professorin Dr.-Ing. Martina Hofmann: Vielfalt zeigt sich bei uns zum Beispiel in der Zusammensetzung unserer Teams. Wir suchen gezielt Kolleginnen und Kollegen, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit gut ergänzen. So profitieren alle: Berufseinsteiger arbeiten eng mit Erfahrenen zusammen. Die Jüngeren stellen Prozesse, Hierarchien oder Grundsätzliches eher mal kritisch infrage. Ältere Mitarbeitende bringen dagegen Berufserfahrung, Gelassenheit und Routine mit. Bei uns arbeiten Menschen aus der Verwaltung, Geographen, Agrarwissenschaftlerinnen, Sozialwissenschaftler, Physikerinnen und Informatiker. Ihre verschiedenen Erfahrungen, Herangehensweisen, Kompetenzen und das individuelle Fachwissen sind sehr bereichernd. Außerdem arbeiten wir in einem Klima, in dem gerne intensiv über Veränderungsprozesse und -bedarfe diskutiert wird und kritische Themen offen angesprochen werden. Wichtig ist, dass alle zu Wort kommen und unterschiedliche Herangehensweisen als Gewinn empfinden.

Malte Knief: Vielfalt zeigt sich für Außenstehende auf den ersten Blick in unserer Produktvielfalt. Wir sind umfassender Systemanbieter für Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung. Vallox bietet dabei sowohl zentrale als auch dezentrale Geräte sowie Luftverteilsysteme: Von kosteneffizienten Lösungen über Komfortlüftung bis hin zu Großgeräten mit hoher Luftleistung. Auch die Anwendungsvielfalt unserer Produkte ist hervorzuheben – von Wohnungen bis zu großen Gewerbe- und Bürokomplexen sowie Schulen und Kindergärten. Wenn es um Vielfalt im Unternehmen intern geht, spielen wie gesagt Offenheit und Neugier eine wichtige Rolle. Wir legen großen Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie einen Generationen- und Wissensaustausch. Auch mit unserer finnischen Muttergesellschaft Vallox Oy sind wir in regem Austausch.

Thomas Reiche: Über „den Tellerrand hinausdenken“ verbunden mit fachlich unterlegter Neugierde der Forschenden sind existenziell für den Erfolg industrienaher Forschung, die technisch und naturwissenschaftlich geprägt ist. Wir beobachten positive Veränderungen und finden mehr Frauen in den Forschungsteams und Geschäftsführungen der AiF-Vereinigungen. Gleichzeitig ermöglichen diese ein nachhaltiges Fördern des wissenschaftlichen Nachwuchses: Häufig finden die jungen Forschenden in den innovativen Unternehmen einen attraktiven Arbeitsplatz oder werden selbst zu Gründerinnen und Gründern. Kreativität, Fachkenntnis und zum Teil Erfahrung sind altersunabhängig; so können wir die Kooperation von Jung und Alt, von Akademikern und Nichtakademikern in den Forschungsprojekten als unabdingbar bestätigen – „mixed teams are most successful“. Das Umsetzen des Transformationsprozesses der deutschen Wirtschaft bedarf vor allem aber gezielter Förderungen.

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