Seit Jahrhunderten werden Moore entwässert, um das Land nutzbar zu machen. Heute weiß man, dass entwässerte Moorböden echte Klimakiller sind.
Moore - Klimakiller oder Klimaschützer
Natürliche Klimaschutzlösungen werden immer wichtiger
Mittwoch, 24.01.2024
Deshalb heißt es jetzt im Angesicht des Klimawandels: Die Moore müssen nass – und zwar schnell!
Unseren Vorfahren waren diese sumpfartigen Gegenden, weder richtig Land noch Wasser, nicht geheuer. Immer wieder verschwanden Menschen darin und es ranken sich zahlreiche Mythen um das Moor. Dabei ist es gar nicht so geheimnisvoll, eher faszinierend.
Ein natürliches Moor ist ein Feuchtgebiet. Der Boden besteht aus abgestorbenen Pflanzenteilen, die sich im Wasser nicht wie an der Luft zersetzen, sondern Schicht für Schicht zunehmen. So wächst das Moor einen Millimeter pro Jahr in die Höhe, also einen Meter in 1.000 Jahren. Im Boden bleibt der Kohlenstoff, den die Pflanzen während ihres Lebens aufgenommen haben, gespeichert. Moore sind die effektivsten und größten Kohlenstoffspeicher der Erde und damit höchst relevant für die weitere Entwicklung des Klimawandels. Aber nur, solange sie nass sind!
Trockene Moore emittieren viel CO2
Mittlerweile sind etwa 90 Prozent der deutschen Moore mit Drainagen und Gräben entwässert. Vor allem, um die Flächen für die Landwirtschaft, Siedlungen und Infrastruktur zu nutzen. Früher wurde der Torf auch als Brennmaterial oder für Blumenerde abgebaut. Jedoch: Legt man Moorböden trocken, werden diese zu echten Klimakillern! Der kohlenstoffreiche Boden kommt in Kontakt mit dem Sauerstoff der Luft und wird als CO2 in die Atmosphäre abgegeben.
Allein in Deutschland sind das jedes Jahr 52 Millionen Tonnen Treibhausgase aus Moorböden, so viel wie alle Einwohner von Hannover zusammen ausstoßen. Zudem sackt der ausgetrocknete Boden immer weiter ab – an manchen Stellen bereits um zwei bis drei Meter. Da die meisten Moore in Norddeutschland liegen, wird bei gleichzeitig steigenden Meeresspiegeln auch das zu einem Problem.
Folglich rücken neben den technischen Klimaschutzmaßnahmen, wie der Energiewende, jetzt auch natürliche Lösungen, wie die Moore, in den Fokus. Von der Bundesregierung und in den moorreichen Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Brandenburg werden Moor-Wiedervernässungsprogramme auf den Weg gebracht.
Das lohnt sich, denn ist das Wasser zurück im Moor, stoppt das sofort die Emissionen. Rechnet man die Kosten auf die Tonnen eingespartes CO2 um, gibt es keine günstigere Klimaschutzmaßnahme. Das Beste aber ist, nach einiger Zeit fängt das nasse Moor wieder an zu wachsen und nimmt aktiv CO2 aus der Atmosphäre auf. Aus dem Klimakiller wird wieder ein Klimaschützer!
Wie wird ein Moor wieder nass?
Damit die Treibhausgas-Emission gestoppt wird und das Moor langfristig sogar wieder als Kohlenstoff-Senke funktionieren kann, wird der Wasserstand ungefähr auf Bodenniveau angehoben. Dafür muss das künstlich angelegte Entwässerungssystem zurückgebaut werden, so dass das Wasser aus Niederschlägen, Quellen oder Flüssen wieder im Moor bleibt.
In der Planung analysieren Expert:innen, wie tief die Flächen entwässert sind, wie das Wasser zu- und abfließt und welche Baumaßnahmen für das Anheben des Wasserstands nötig sind. Auch wird untersucht, welche moortypischen Arten vorkommen, die unbedingt geschützt werden müssen.
Dann werden Entwässerungsgräben angestaut und Drainagen aus dem Boden geholt. In einigen Mooren werden Wälle aus Torf rund um das Gebiet aufgeschüttet, so dass eine Art riesige Badewanne entsteht, die das Regenwasser auf der Fläche hält.
Für die Baumaßnahmen kommen Spezialbagger zum Einsatz, deren Gewicht sich durch breite Ketten auf eine große Fläche verteilt. So üben die tonnenschweren Maschinen pro Quadratzentimeter weniger Druck auf den Boden aus als ein Mensch, der durchs Moor läuft.
Pioniere der Moor-Vernässung
Im moorreichen Norden engagiert sich die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein schon seit 45 Jahren für die Wiedervernässerung von Mooren. Früher vor allem, um Lebensraum für stark angepasste Tier- und Pflanzenarten zu schaffen. Heute nutzt die Stiftung ihr Know-how für den Klimaschutz. Das nördlichste Land hat sich als erstes in Deutschland ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2030 sollen durch die Wiedervernässung von heute trockenen Moorböden jedes Jahr 700.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Bis in einem Moor das Wasser wieder auf einem klimaschonenden Pegel steht, ist viel Arbeit und Geld nötig, weshalb alle gesellschaftlichen Gruppen hierbei kooperieren müssen.
Die Moorvernässungen in Schleswig-Holstein werden über das Landesprogramm Biologischer Klimaschutz, private Spenden für den Moorschutz sowie den Kauf von CO2-Zertifikaten, den sogenannten „MoorFutures“, finanziert. Das Prinzip ist einfach: Ein „MoorFutures“ steht für eine Tonne CO2, die durch die Wiedervernässung nicht mehr ausgestoßen wird und finanziert einen Teil des Projekts.
Jedes intakte Moor ist ein direkter Beitrag zum Klimaschutz! Zugleich hilft jeder Hektar, die Artenvielfalt zu erhalten. Nach einiger Zeit kommen ins renaturierte Moor die typischen Tiere – wie Moorfrösche, Kraniche, zahlreiche Libellen und Falter oder die Kreuzotter – zurück. Dazu die Moor-Pflanzen wie Wollgras, der fleischfressende Sonnentau, verschiedene Heidearten und natürlich die CO2-Speicher-Wunder, die Torfmoose.
Bis alle Moore wieder nass sind, werden viele Jahre vergehen. Das ist, wie auch die jahrhundertelange Entwässerung, eine Aufgabe für Generationen. Zugleich drängt die Zeit – der Klimawandel nimmt Fahrt auf. Auf jeden Fall ist die Wiedervernässung von Mooren eine gute Investition in die Zukunft, denn wir brauchen Kohlenstoffspeicher und Hotspots der Biodiversität mehr denn je!
Mathias Büttner Kompetenzteam Biologischer Klimaschutz Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein 24113 Molfsee mathias.buettner@stiftungsland.de
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