Unternehmerwissen

Klimawandel und Extremwetter

Mittwoch, 03.04.2024

Neue Schäden, neue Anforderungen?!

Quelle: Adobe Stock

Die Folgen der globalen Erwärmung und des Klimawandels werden immer sichtbarer: Extremwetterereignisse wie Stürme, Hagel, Starkregen sowie Hitze- und Dürreperioden nehmen zu und führen immer häufiger zu Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen. In einer Studie, die das Institut für Bauforschung e.V. (IFB) im Auftrag vom Bauherren-Schutzbund e.V. und der VHV Allgemeine Versicherung AG erstellt hat, werden erstmals aktuelle Daten zu Gebäudeschäden durch Extremwetter analysiert.

Die Studie „Klimawandel und Extremwetterereignisse – Schadenentwicklung und Anforderungen an Wohngebäude“ belegt, dass in den vergangenen 20 Jahren die Anzahl der Schäden in Deutschland aufgrund von Extremwetterereignissen sowie die Schadenhöhen zugenommen haben. Schäden durch Extremwetterereignisse sind vielfältig und komplex. So entstehen zum Beispiel kleine Dellen an einer Fassade oder Abplatzungen an Dachziegeln durch Hagel, die mit geringem Aufwand beseitigt werden können. Daneben können bei extremem Hagel, Starkregen oder Sturm ganze Gebäude, Häuserzeilen und Infrastrukturen zerstört werden, was mit mehreren Millionen Schaden- und Wiederaufbaukosten einhergeht.

Entwicklungen zu häufigeren Wetterextremen lassen auf einen Zusammenhang mit dem Klimawandel schließen. Darunter fallen beispielsweise heftige Gewitter, Orkane und Tornados, deren Ausmaß, Dauer und Zeitpunkt Veränderungen erfahren (haben). Folgen sind unter anderem mehr Schäden an Gebäuden durch umstürzende Bäume, wenn diese in der zeitlich verschobenen Sturmsaison noch belaubt sind. Die Bauforscher raten somit allen am Bau Beteiligten, sich mit der Problematik zu befassen und sowohl im Neubau als auch im Bestand Vorkehrungen zu treffen.

Inhalte und Grundlagen der Studie

In der Studie finden sich neben den statistischen Datenauswertungen nutzerfreundliche Checklisten mit konkreten Handlungsempfehlungen, zugeschnitten auf verschiedene Naturgefahren, ergänzt mit konkreten Empfehlungen für die Planungs-, Bau- und Nutzungsphase von Gebäuden. Zudem enthält die Veröffentlichung eine Sammlung weitergehender Informationen, Links und Arbeitshilfen. Diese lassen sich auch auf Nichtwohngebäude übertragen.

Datenbasis der Studie sind umfangreiche Versicherungsdaten und Schadenstatistiken des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) und der VHV-Versicherungen. Ergänzend dazu wurden Studien, Publikationen und Fachbeiträge ausgewertet, die sich mit Extremwetterereignissen und deren Auswirkungen auf Gebäude befassen. Dabei wurden Schadenzahlen, -arten, -ursachen und -kosten sowie die Auswirkungen auf Materialien, Bau- und Gebäudeteile betrachtet, mit bestehenden Anforderungen verglichen und daraus Handlungsempfehlungen für die Planungs-, Bau- und Nutzungsphase abgeleitet. Zum Teil gehen diese über normative und öffentlich-rechtliche Anforderungen hinaus.

Entwicklung der Elementarschäden 2002 bis 2022 (2007: Orkan Kyrill) in Deutschland.
Quelle: IFB
Entwicklung der Elementarschäden 2002 bis 2022 (2007: Orkan Kyrill) in Deutschland.

Praxistipps

„Die Prozesse beim Planen und Bauen sowie die Qualität der Gebäude und baulichen Anlagen müssen an die sich wandelnden Bedingungen angepasst werden“, sagt IFB-Direktorin Heike Böhmer. „Wir sehen, dass heute in Gebieten, wo man es nicht erwartet hätte und wo die Normenkarte nicht die höchsten Anforderungen ausweist, Extremwetterereignisse auftreten, denen die Gebäude nicht mehr gewachsen sind.“

Die derzeit geltenden DIN-Normen legen in der Regel mittlere Wetterereignisse für die Planung und Ausführung von Gebäuden zugrunde. Vor diesem Hintergrund sollten Bauherren und Bauunternehmer deshalb eigenverantwortlich die Gefährdung/Auftretenswahrscheinlichkeit, Vulnerabilität/Verwundbarkeit und finanziellen Auswirkungen des tatsächlichen Extremwetter- und (Klima-)Risikos einer Immobilie analysieren und bewerten. Daraus lässt sich dann ein notwendiges Risikomanagement, ein sinnvolles methodisches Vorgehen, ableiten.

Für ein Schutzkonzept hilft oft schon ein Blick auf bestehende Bauwerke, deren Ort, Bauart und Qualität zeigen, wie Klima-, Wetter- und Funktionsanpassung dauerhaft funktionieren. Als konkrete Präventivmaßnahmen empfehlen die Experten des IFB:

  • die regelmäßige Überprüfung und Wartung von Dacheindeckung, Dachentwässerung und Fassade,
  • gegebenenfalls das Nachrüsten von Sicherungs- und (Hochwasser-) Schutzeinrichtungen,
  • die Überprüfung des Versicherungsschutzes oder das Abschließen entsprechender Versicherungen wie Elementarschaden- oder Bauleistungsversicherungen.

Fazit und Ausblick

Maßnahmen sollten stets in Kombination mit einem proaktiven Risikomanagement erfolgen. Anpassungen von Gebäuden sind darauf aufbauend am besten zielgerichtet, fachgerecht und durchdacht zu planen und – gegebenenfalls mit weiteren notwendigen Schritten gekoppelt – frühzeitig durchzuführen. Die aktuellen Erkenntnisse aus der IFB-Studie deuten darauf hin, dass Wetterextreme weiter zunehmen und künftig jede Region betroffen sein kann. Wie schwerwiegend die Folgen ausfallen, hängt auch davon ab, wie gut Bauherren und Eigentümer darauf vorbereitet sind, den Wert ihrer Immobilien nachhaltig zu schützen.

Die Studie ist abrufbar unter: https://bauforschung.de/downloads-oeffentlich

[Heike Böhmer, Direktorin, Institut für Bauforschung e.V., 30163 Hannover, office@bauforschung.de]

Das Institut für Bauforschung e.V. (IFB) mit Sitz in Hannover wurde 1946 gegründet und ist eines der ältesten Bauforschungsinstitute Europas. Im Auftrag öffentlicher und privater Auftraggeber betreibt es Anwendungsforschung zu aktuellen Fragestellungen der Planungs- und Baupraxis und führt umfangreiche Analysen zur Bauqualität im Hoch- und Tiefbau durch. Die Ergebnisse werden den Mitgliedern aus Bauindustrie, Baugewerbe, Wohnungswirtschaft, Verwaltung und Sachverständigenwesen sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

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