Unternehmerwissen

Nachhaltigkeit im Vergabeverfahren: Herausforderung und Chancen

Engagement lohnt sich

Mittwoch, 07.06.2023

Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Umweltfreundlichkeit sind schon seit Jahren „in aller Munde“. Explizit der Begriff „Nachhaltigkeit“ begegnet einem mittlerweile täglich und überall. Und das ist gut so! Denn Nachhaltigkeit geht uns alle an. Wir alle müssen mit den vorhandenen Ressourcen schonend und sparsam umgehen, damit nicht nur wir, sondern auch unsere Kinder, Enkel und die zukünftigen Generationen gut leben können.

Quelle: iStock/ NicoElNino

In Deutschland gibt es seit vielen Jahren eine Nachhaltigkeitsstrategie, an deren Umsetzung Bund, Länder und Kommunen arbeiten. Dabei kann die öffentliche Hand durch ihre erhebliche Marktmacht helfen, die Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung umzusetzen: Im Sinn einer nachhaltigen Beschaffung sollen Produkte und Leistungen eingekauft werden, deren kompletter Lebenszyklus von der Herstellung bis zur Entsorgung möglichst geringe negative Folgen für die globale Entwicklung in der Welt hat und bei deren Erbringung soziale Standards eingehalten werden.

Klare rechtliche Vorgaben

Sowohl das EU- als auch das nationale Vergaberecht enthalten genaue Regelungen, wie soziale, umweltbezogene und innovative Belange in der öffentlichen Beschaffung berücksichtigt werden können und müssen. Die zentrale Vorschrift hierfür ist Paragraf 97 Absatz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB): „Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.“ Nachhaltigkeitsaspekte in Vergabeverfahren müssen mit der ausgeschriebenen Leistung in Verbindung stehen. Sie können von den Auftraggebern in die einzelnen Stufen und Bausteine des Vergabeprozesses – Leistungsbeschreibung, Eignungs- und Wertungskriterien sowie Auftragsausführungsbestimmungen – integriert werden.

Nachhaltigkeit in der Praxis

Egal, ob es um den Einkauf von Bürobedarf, Dienstleistungen oder den Bau von kommunalen Gebäuden geht, die Nachhaltigkeitsorientierung im Beschaffungsprozess der öffentlichen Verwaltung stellt für die meisten Bieter eine große Herausforderung dar. Wer den Auftrag erhalten will, muss sich einen Überblick über alle geforderten Kriterien verschaffen, diese erfüllen und im Angebot den Nachweis dafür erbringen. Oft werden Zertifikate, Kennzeichen, Label und Umweltsiegel gefordert, deren Beantragung Zeit und Geld kosten. Die Zeit für die Angebotserstellung ist jedoch meist knapp bemessen. Liegen die Gütesiegel bei Angebotsabgabe nicht vor, droht der Verfahrensausschluss.

Bei der öffentlichen Auftragsvergabe soll der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis erteilt werden (Paragraf 127 Absatz 1 GWB). Um hier langfristig punkten zu können, muss das Thema Nachhaltigkeit mit seiner ganzen Bandbreite in sämtliche Bereiche eines Unternehmens integriert werden: in die Prozesse, Produkte, Lieferketten und Standorte. Dazu braucht es eine Strategie mit Zielen und Maßnahmen. Die Umstellung auf so ein komplexes Konzept ist aufwendig, bringt aber Vorteile – nicht nur bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge:

  • „Gutes tun und darüber reden“ fördert ein positives Image des Unternehmens und kann beim Gewinnen von Fachkräften helfen.
  • Nachhaltiges und soziales Engagement verbessert die Kundenbindung und kann neue Zielgruppen erschließen.
  • Kunden und Geschäftspartner erleben das Unternehmen als zeitgemäß und verbinden das mit den Produkten und Leistungen.

Verfahrensarten und -kriterien der Vergabe

Bei der öffentlichen Auftragsvergabe können die Auftraggeber zwischen verschiedenen Verfahrensarten wählen. In Abhängigkeit vom geschätzten Auftragswert müssen sie dabei die sogenannten EU-Schwellenwerte beachten, die zurzeit 5.382.000 Euro für Bauaufträge und 215.000 Euro für Liefer-/Dienstleistungen betragen.

Für wichtige Produktgruppen in der öffentlichen Beschaffung wurden Nachhaltigkeitskriterien erarbeitet, so zum Beispiel für Büromaterial, Papier, Reinigungsmittel, Fahrzeuge sowie für das Bauwesen und die Flächenbewirtschaftung.

Weiterführende Informationen: https://www.vergabe24.de/

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