Raumluft

Energieeinsparpotential durch Hybridlüftungssysteme

Ergebnisse einer Studie der RWTH Aachen University

Mittwoch, 17.07.2024

Im Rahmen der vorgestellten Arbeit wird eine regelbasierte Regelung eines Hybridlüftungssystems für ein Zweipersonenbüro entwickelt und ...

Außenansicht des Fassadenprüfstands.
Quelle: Jiang, Rewitz, Müller
Außenansicht des Fassadenprüfstands.

... sowohl durch einen Feldtest als auch eine Gebäudesimulation bewertet. Die Evaluation der „Performance“ zeigt dabei, dass die Hybridlüftung in allen Fällen die besten Ergebnisse hinsichtlich der thermischen Behaglichkeit sowie des Energieverbrauchs im Vergleich zur rein natürlichen oder rein maschinellen Lüftung erzielt. Wie war das konkrete Vorgehen?

Innenansicht des Fassadenprüfstands.
Quelle: Jiang, Rewitz, Müller
Innenansicht des Fassadenprüfstands.

Die Hybridlüftung beschreibt den kombinierten Einsatz von maschineller und natürlicher Lüftung. Dies soll die Vor-teile beider Lüftungsarten vereinen und ein komfortables Raumklima bei minimalem Energieverbrauch bereitstellen. In einem Hybridlüftungssystem wird die Lüftungsart je nach Jahreszeit und auch an einzelnen Tagen variiert, indem der Regler automatisch zwischen natürlichem und maschinellem Lüftungsmodus umschaltet. Die Einflüsse auf den Betrieb eines solchen Systems sind vielfältig und komplex. Eine große Herausforderung für seine Regelung sind die zeitlich wechselnden Außenbedingungen, welche die Effektivität sowie die Einsatzfähigkeit der natürlichen Lüftung beeinflussen.

Feldtest

Die Experimente werden im Fassadenprüfstand des Lehrstuhls für Gebäude- und Raumklimatechnik des E.ON Energieforschungszentrums an der RWTH Aachen University durchgeführt. Wie in Abbildung 1 dargestellt, besteht der Prüfstand aus vier identischen Versuchsräumen. Für den Feldtest werden die beiden Testräume im Erdgeschoss und ein Testraum im ersten Obergeschoss als Zweipersonenbüro ausgestattet. In den drei Testräumen sind alle Fenster mit mechatronischen Beschlägen ausgerüstet, die eine automatische und stufenlose Kippöffnung des Fensterflügels über eine Fernsteuerung ermöglichen.

Zudem werden in jedem dieser Räume vier dezentrale Fensterlüfter mit Wärmerückgewinnung installiert, deren Zu- und Abluftvolumenströme jeweils zwischen 15 und 50 m3/h regelbar sind. Zwei elektrische Radiatoren unter der Fensterbank fungieren als Raumheizung. Zum Simulieren der Raumbelegung werden zwei beheizte „Manikins“ verwendet. An jedem „Manikin“ ist ein Schlauch für eine CO2-Emission befestigt. Zur raumweisen Regelung dienen jeweils ein Raumtemperatur- und ein CO2-Sensor. Alle drei Testräume nutzen gemeinsam einen Außentemperatursensor.

Zum Bestimmen der thermischen Behaglichkeit werden zwei Komfortmess-Sets in einem Abstand von 1,0 m zum Fenster angebracht. Jedes besteht aus vier omnidirektionalen Anemometern in Höhen von 0,1 m, 0,6 m, 1,1 m und 1,7 m über dem Fußboden. Am rechten Set werden zusätzlich ein Globethermometer sowie ein Hygrometer in der Höhe von 1,1 m installiert, um die Strahlungstemperatur sowie die relative Luftfeuchtigkeit im Raum zu messen. Anhand der Messdaten werden das vorausgesagte mittlere Votum („Predicted Mean Vote“, PMV) sowie die Beeinträchtigung durch Zugluft („Draught Rating“, DR) gemäß DIN EN ISO 7730 [1] ermittelt.

Struktur der Mehrgrößenregelung nach [2].
Quelle: Jiang, Rewitz, Müller
Struktur der Mehrgrößenregelung nach [2].

Die Hybridlüftung wird als eine regelbasierte Mehrgrößenregelung entwickelt. Wie Abbildung 2 zeigt, beeinflussen einerseits externe Störgrößen (wie Solarstrahlung, Wetterbedingung, Rauminfiltration) und andererseits interne Lasten (wie Wärme- und CO2-Quellen) die Raumparameter. Die Außen- und Innenbedingungen werden von entsprechenden Sensoren erfasst. Der regelbasierte Regler steuert in Echtzeit mehrere Aktoren – inklusive der Kippöffnungsweite der Fenster für die natürliche Lüftung, der Ventilatordrehzahl der Fensterlüfter für die maschinelle Lüftung sowie das Ein- und Ausschalten der elektrischen Radiatoren für die aktive Raumheizung.

Die Mehrgrößenregelung verfügt über zwei Hierarchieebenen. Das Regeln der Raumtemperatur hat höhere Priorität gegenüber dem Regeln der CO2-Konzentration. Die Temperaturregelung beruht auf der definierten Komfortraumtemperatur nach DIN EN 16798-1 [3]. Wie in Abbildung 3 dargestellt, wird die Solltemperatur Tsoll im Raum anhand der Außentemperatur festgelegt. Die Regelung versucht, die Raumtemperatur zwischen Tmin und Tmax mit einer Toleranz von ± 1,5 K bezüglich der Solltemperatur zu halten. Falls die Außentemperatur unter 15 °C sinkt, wird der Lüftungsmodus von der natürlichen auf die maschinelle Lüftung umgestellt, um keine Beeinträchtigung der thermischen Behaglichkeit durch kalte Luftzufuhr zu verursachen. Sofern sich die Raumtemperatur im Komfortbereich befindet, dient die CO2-Konzentration weiterhin als Führungsgröße. Nach ASR A3.6 [4] wird die obere Grenze der CO2-Konzentration im Raum mit 1.000 ppm definiert.

Weiterführende Informationen: https://www.eonerc.rwth-aachen.de/go/id/dmud/

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