Die Simulation verdeutlicht, dass die Hybridlüftung die beste thermische Behaglichkeit im Raum gewährleistet. Bei der normalen Infiltration liegt die Raumtemperatur zu mehr als 95 Prozent der Anwesenheit innerhalb des Komfortbereichs gemäß DIN EN 16798-1 und bei der niedrigen Infiltration zu mehr als 91 Prozent. Gleichzeitig benötigt das Hybridlüftungssystem den niedrigsten Energieverbrauch. Bei der normalen Rauminfiltration wird der jährliche Nutzenergieverbrauch um 11 Prozent im Vergleich zum maschinellen Lüftungssystem sowie um 17 Prozent im Vergleich zum Fensterlüftungssystem reduziert. Das Energieeinsparpotential der Hybridlüftung steigt mit der erhöhten Raumdichtheit deutlich an. Bei der niedrigen Infiltration werden Energieeinsparungen von 21 und 35 Prozent im Vergleich zu der maschinellen und Fensterlüftung erzielt.
Abbildung 6 stellt die Einflüsse der Fassadenausrichtung und des Standorts auf den Energieverbrauch dar. Für Simulationen werden Wetterdaten des Testreferenzjahrs (TRY) 2015 von Aachen, Garmisch-Partenkirchen und Frankfurt am Main genutzt. Für jeden Standort werden jeweils zwei Fassadenausrichtungen, Süd (S) und Nord (N), im Vergleich zu beiden Referenzfällen der maschinellen und Fensterlüftung untersucht. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die Fassadenausrichtung und der Standort vorwiegend den Heiz- und Kühlenergiebedarf beeinflussen. In allen Fällen ist der Energieverbrauch beim Hybridlüftungssystem am niedrigsten und beim reinen Fensterlüftungssystem am höchsten. Weiterhin weist die Auswertung darauf hin, dass das Potential zur Energieeinsparung durch eine steigende Solarstrahlung (Ausrichtung nach Süden) sowie ein wärmeres Klima zunimmt, da die Fensterlüftung häufiger eingesetzt werden kann.
Fazit
Die Hybridlüftung eignet sich sowohl für einen Neubau als auch für einen sanierten Altbau. Eine hohe Luftdichtheit des Raums ist hierbei besonders wichtig. Für den Betrieb werden Fensterantriebe, ein maschinelles Lüftungssystem sowie je ein Temperatur- und CO2-Sensor pro Raum, ein Zugriff auf die aktuelle Außentemperatur (Sensor oder Wetterdaten) und eine speicherprogrammierbare Steuerung benötigt. Da die Regelungsstrategie die Performance einer Hybridlüftung signifikant beeinflussen kann, wäre es denkbar, neben der regelbasierten auch eine modellbasierte Regelung einzusetzen und/oder einen aktiven Sonnenschutz (Herunter-/Hochfahren der Außenjalousien) zu integrieren.
Die Studie wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens „SMART Ventilation“ („Semi Mechanical AiR Transport Ventilation: Kombinierte Nutzung eines maschinellen und natürlichen Lüftungssystems für mehr Energieeffizienz im Nicht-Wohnungsbau“, IGF-Nr. 40 EWN) zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e.V. (AiF) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert.
[Dipl.-Ing. Jun Jiang, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, jun.jiang@eonerc.rwth-aachen.de / Dr.-Ing. Kai Rewitz, Oberingenieur, Teamleiter Nutzerverhalten und Komfort, krewitz@eonerc.rwth-aachen.de / Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dirk Müller, Institutsleiter, Prodekan, Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik, E.ON Energieforschungszentrum, RWTH Aachen, 52074 Aachen, dmueller@eonerc.rwth-aachen.de]
Literatur
[1] DIN EN ISO 7730:2006-05. Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit. Deutsche Fassung EN ISO 7730:2005. https://dx.doi.org/10.31030/9720035
[2] Jiang, J., Wu, Y., Rewitz, K. u. Müller, D.: Development of a Rulebased Control for Hybrid Ventilation Systems and Evaluation by Field Test. Healthy Buildings 2023 Europe. Beyond disciplinary boundaries. 2023, S. 1133–1141.