Wärmepumpen werden die wichtigste Heizungstechnologie der Zukunft sein, doch heutige Modelle arbeiten oft mit klimaschädlichen Kältemitteln. Letzteres gilt auch für Klimaanlagen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg entwickelt in Kooperation mit führenden europäischen Herstellern eine kompakte, sichere und effiziente Wärmepumpe mit dem Kältemittel Propan. Sie soll Basis für einen neuen Standard werden.
Das Heizen mit Umweltwärme verursacht einen geringen CO!SUB(2)SUB!-Ausstoß, zumal wenn der dafür benötigte Strom aus erneuerbaren Energien stammt. Wärmepumpen werden daher eine zentrale Rolle in der zukünftigen Wärmeversorgung spielen. Die Bundesregierung plant, bis 2030 den Bestand an Wärmepumpen in Deutschland von heute 1,5 Millionen auf sechs Millionen zu vervierfachen.
Bisher verwenden Wärmepumpen und Klimaanlagen allerdings überwiegend Kältemittel mit fluorierten Gasen, die eine starke Treibhausgaswirkung haben. Eine EU-Verordnung (F-Gas-Verordnung) schreibt daher die kontinuierliche Reduktion des klimaschädlichen Potentials von Kältemitteln vor. Bis 2030 sollen die Emissionen von Kältemitteln um 70 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden.
Seit 2020 sind Kältemittel, deren Treibhausgaswirkung das 2.500-fache von CO!SUB(2)SUB! übersteigt, bereits verboten. Aktuell liegt zudem die Entwurfsfassung für die Überarbeitung der F-Gas-Verordnung vor, die bei ihrer Umsetzung zu einer noch schnelleren Reduzierung der aktuell überwiegend verwendeten synthetischen
Kältemittel führen würde.
„Die Hersteller von Wärmepumpen und Klimaanlagen arbeiten intensiv an Lösungen zum Ersatz der herkömmlichen Kältemittel und die Anzahl der Firmen, die sich hier klar für natürliche Kältemittel aussprechen, steigt stetig“, erklärt Dr.-Ing. Lena Schnabel, Abteilungsleiterin Wärme- und Kältetechnik am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE.
Natürliches Kältemittel Propan
Das Fraunhofer-Institut setzt – wie auch zunehmend die Industrie – seit vielen Jahren auf Propan als Kältemittel: Es ist klimafreundlich, weltweit kostengünstig verfügbar und ermöglicht hohe Leistungszahlen. Jedoch sind die Sicherheitsauflagen für die Nutzung aufgrund der Brennbarkeit von Propan recht umfangreich. Übersteigt eine Wärmepumpe im Einfamilienhaus mit ihren üblichen fünf bis zehn kW Leistung die vorgeschriebene Höchstmenge von 150 g Kältemittel, kann sie nur mit kostenaufwändigen Sicherheitsanforderungen installiert werden. Daher sind kaum Wärmepumpen mit Propan zur Aufstellung im Innenbereich auf dem Markt. Vergleichbares gilt für Kühlmöbel und Klimageräte.
Für Kühlschränke und einzeln angeschlossene Kühlmöbel sind bereits brennbare Kältemittel wie Isobutan und Propan im Einsatz, in der Regel mit Füllmengen von weniger als 150 g. Das Fraunhofer ISE konnte in einem Eigenforschungsprojekt bereits 2019 zeigen, dass auch mit einer Füllmenge von 150 g Propan – weniger als in einer handelsüblichen Campingkartusche – bereits rund 8 kW Heizleistung zu erzielen sind. Für den Prototypen verwendete das Forscherteam ISE Komponenten, die mittlerweile alle marktverfügbar sind.
Europäische Kooperation für Propan-Wärmepumpe
Seit Ende 2020 arbeitet das Fraunhofer ISE in Kooperation mit führenden europäischen Wärmepumpenherstellern im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Projekt „LC150“ an einem standardisierten Kältekreis für Wärmepumpen. Dieser benötigt für deutlich höhere Heizleistungen bei vergleichbaren Effizienzen geringe Mengen an Propan.
„Bislang entwickelt jeder Hersteller seine eigenen Kältekreise für unterschiedliche Kältemittel und Leistungsklassen. Unser Projekt geht nun neue Wege – mit einer gemeinsamen Plattformentwicklung, die durch höhere Stückzahlen und eine automatisierte Produktion eine deutliche Kostensenkung ermöglichen kann. Ähnlich wie bei den Autos sollen auch im Wärmepumpenbereich durch gemeinsame Entwicklungen Synergien geschaffen werden. Mit dem im Projekt gewonnenen Auslegungswissen kann eine modulare Bauweise für unterschiedliche Baureihen und Leistungsklassen entwickelt werden“, so Dr. Schnabel.
Die angestrebte Größenordnung von sechs bis zehn kW wurde bereits mit verschiedenen Kreisen mit einem „Seasonal Coefficient of Performance" (SCOP), der über den Anforderungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) liegt, erreicht. Der aktuell beste Prototyp erzielt 12,5 kW Leistung mit 120 g Kältemittel und einer saisonalen Effizienz von SCOP 4,7.
Ende 2022/Anfang 2023 werden die vielversprechendsten Systeme nochmals tiefgreifender untersucht und bewertet. Am Ende soll ein kompaktes, effizientes und kostengünstiges System stehen, das standardisiert ist und in Innenräumen eingesetzt werden kann. Das entwickelte Konzept steht nach dem Projekt allen beteiligten Herstellern zur Verfügung.
Testen rund um die Uhr
Aktuell werden im Wärmepumpenlabor des Fraunhofer ISE verschiedene Kombinationen von handelsüblichen Wärmepumpen-Komponenten, wie Verdichter, Verdampfer oder Kondensatoren, getestet. An drei identischen Testständen laufen die automatisierten Testsparallel ein Jahr lang 24 Stunden am Tag, wobei pro Prototyp bis zu 300 Betriebspunkte angefahren und die Messwerte von 39 Sensoren aufgezeichnet werden. Sie erfassen Temperatur, Druck, Leistungsaufnahme und Massenströme.
Alle Daten werden automatisiert ausgewertet. Am Ende des Projekts wird eine Vielzahl verschiedener Wärmepumpen-Konstellationen die Tests durchlaufen haben. Damit gewinnt das Forscherteam eine enorme Datenmenge für die Bewertung und simulative Auslegung von Wärmepumpen.
Zusammenfassung
Im Neubau sind Wärmepumpen in Deutschland bereits heute die häufigste Heizungstechnologie. Ihr Anteil in der Sanierung steigt stetig an. Um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, dürften ab dem 1. Januar 2024 in Neubauten nur noch Wärmepumpen und andere emissionsarme Technologien verbaut werden.
Auch in der Kältetechnik wird der Wechsel zu natürlichen Kältemitteln breit diskutiert und in vielen Anwendungen nicht nur im Sinne einer klimafreundlichen, sondern auch langfristigen Lösung bereits durch entsprechende Anpassungen auf den Weg gebracht. Konzepte zum Kältemittelwechsel werden hier vom Fraunhofer ISE für verschiedene Anwendungen mit Industriepartnern entwickelt und bewertet, das Potential zur Kältemittelreduktion spielt hier ebenfalls eine zentrale Rolle.
Mit R290, Propan, lassen sich alte Kühlsysteme mit relativ geringen Veränderungen am Kältekreis umrüsten. Auch deshalb gilt es als ein zukunftssicheres Kältemittel: Geräte mit diesem Kältemittel erfüllen die Anforderungen der EU-Verordnung EU Nr. 517/2014 (F-Gas-Verordnung), wonach der Einsatz fluorierter Treibhausgase bis 2030 stark reduziert werden soll.
R290 findet vor allem in Klimaanlagen, Kühlanlagen und Wärmepumpen Verwendung. Dabei gilt es zu beachten: Propan ist eine brennbare Substanz, die zusammen mit Luft eine explosive Mischung bilden kann. Deshalb unterliegt es beispielsweise der Gefahrstoffverordnung und der EU Norm DIN EN 378-1:2021-06, welche die Anforderungen an die Sicherheit von Personen und Eigentum festlegt sowie den Schutz der Umwelt und Vorgehensweisen für Betrieb, Instandhaltung und Instandsetzung von Kälteanlagen und die Rückgewinnung von Kältemitteln regelt.
Dr.-Ing. Lena Schnabel
Abteilungsleiterin Wärme- und Kältetechnik
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
79110 Freiburg im Breisgau
Propan, C!SUB(3)SUB!H!SUB(8)SUB!
Kurzcharakteristika:
Nicht ozonschichtabbauendes und in der Luft nicht stabiles, natürlich vorkommendes Kältemittel (Kohlenwasserstoff)
Bezeichnung:
R290, Propan
ODP, Ozone Depletion Potential (Ozonabbaupotential): 0
Auswirkungen auf die Ozonschicht durch einen chemischen Stoff – als Vergleichswert dient der des Kältemittels R11 (Trichlorfluormethan).
GWP, Global Warming Potential (Treibhauspotential): 3
Die Maßzahl vergleicht die Auswirkungen des Kältemittels auf die Erderwärmung im Vergleich zu CO!SUB(2)SUB!. Der Wert beschreibt dabei das Verhältnis in den ersten 100 Jahren nach dem Austritt.