Gegensätze ziehen sich an

Mit (Ab-)Wärme klimafreundlich kühlen und klimatisieren

Das Bereitstellen von Kälte spielt heutzutage in der Industrie und im Gebäudesektor eine entscheidende Rolle.

Dies gilt sowohl energetisch, als auch ökonomisch, denn damit gehen ein hoher Energieverbrauch und entsprechende CO!SUB(2)SUB!-Emissionen einher. Wie thermische Kühlsysteme Abwärme und Solarthermie effizient zur Kälteerzeugung nutzen, damit CO!SUB(2)SUB! sparen und Kühlkosten senken, beschreibt der folgende Beitrag.

Eine Studie des VDMA hat den Endenergiebedarf elektrisch betriebener Kältetechnik in 2017 auf 73 TWh/a ermittelt. Dieser Wert ist seitdem kontinuierlich gestiegen. Im Zuge der Dekarbonisierung von Industrie und Gebäudesektor sind hierzu energieeffiziente und klimafreundliche Lösungen zu finden. Seit der gesetzlichen Verpflichtung zur Abwärmenutzung stehen gleichzeitig viele Unternehmen vor der Herausforderung, die Abwärme aus ihren Produktionsprozessen weiterzuverwenden. Das legt eine Technik nahe, die beide Zukunftsaufgaben adressiert: thermische Kühlung – das Erzeugen von Kälte mit frei verfügbarer Wärme ab 60 °C und dem klimaneutralen Kältemittel Wasser.

Thermische Kälte – Sorption machts möglich

Beim thermischen Kühlen wird das physikalische Phänomen der Sorption genutzt, um überschüssige Wärme als Hauptenergiequelle für das Erzeugen von Kälte einzusetzen (siehe Abbildung 1). Hierbei wird durch An- oder Einlagern von Kältemittelmolekülen an einer festen Oberfläche (Adsorption) oder in einer Lösung (Absorption) das Verdunsten des Kältemittels erzwungen. Das führt zum Abkühlen des Fluids im Kaltwasserkreislauf (QL). Mit Antriebswärme (QH) wird das Ad-/Absorbens nach der Sättigung wieder regeneriert: Das Sorptionsmittel desorbiert und kondensiert. So kann erneut Kältemittel gebunden und fortwährend Kälte „erzeugt“ werden.

Während der thermischen Verdichtung und der Kondensation wird außerdem Wärme auf einem mittleren Temperaturniveau (QM) frei, was sich mit QM = QH + QL ausdrücken lässt und praktisch über ein Rückkühlsystem abgeführt werden muss.

Die zwei Prozesse für thermische Kälte unterscheiden sich aufgrund der ungleichen Aggregatzustände der Sorbentien deutlich in ihrer technischen Umsetzung: Die Adsorption „bewegt“ ausschließlich das Wasser durch Verdampfen/Adsorption oder Kondensieren/Desorption innerhalb der vakuumstabilen Adsorptionsmodule. Die beteiligten Wärmetauscher sind mit dem Adsorbens (Silicagel) beschichtet, um je nach Betriebsphase Adsorption oder Desorption zu betreiben. In der Absorptionskälteanlage wird wiederum das flüssige Absorbens von Behälter zu Behälter gepumpt, in denen die jeweils notwendigen Bedingungen für Ab-/Desorption, Verdampfung und Kondensation vorherrschen.

Natürliche Kältemittel für energieeffiziente Kühlung

Die beschriebenen Technologien führen durch einen reduzierten Stromeinsatz für Pumpen, Rückkühler und Steuerung nicht nur zu Energieeinsparungen, sondern verringern auch den Einsatz von herkömmlichen, klimaschädlichen Kältemitteln. Technische Kältemittel von Kompressionskälteanlagen weisen meist hohe GWP-Werte auf („Global Warming Potential“, Treibhausgaspotential). Denn wenn sie durch Leckagen in die Atmosphäre gelangen, sind sie für Mensch und Klima schädlich.

Das Nutzen thermischer Kühlsysteme ermöglicht das Verwenden von natürlichen Kältemitteln, vor allem Wasser (GWP: 0). Bei der Adsorption stellen Silicagel und Wasser das technisch relevanteste Stoffpaar, wobei die Absorption vor allem mit Lithiumbromid/Wasser oder Wasser/Ammoniak gefahren wird. In diversen Varianten können auch andere Stoffpaare zum Einsatz kommen, die sich in ihren Sorptionsisothermen unterscheiden und daher für verschiedene Temperaturbereiche geeignet sind. Abbildung 2 zeigt eine Übersicht der typischen Eigenschaften dieser Sorptions-Kälte-Varianten.

Cooler Underdog mit Potential – Anwendungsfelder thermischer Kühlung

Erzeugen von Kälte auf Basis eines thermischen statt eines elektrischen Antriebs hält derzeit noch einen geringen Marktanteil, bietet aber für die Zukunft eine Chance: Vom Ersetzen eines nicht unerheblichen Teils der bisher elektrisch betriebenen Kälteanlagen über das Decken des wachsenden Bedarfs ohne steigenden Klimawandel-„Impact“ bis zum Senken der Betriebskosten. In Abbildung 3 sind mögliche Anwendungsfelder zusammengetragen, wobei potentielle Wärmequellen und Kälteanwendungen frei kombinierbar sind. Es wird deutlich, dass eine große Wirkfähigkeit insbesondere im verarbeitenden Gewerbe (bestenfalls Druckluftabwärme) und im Gebäudebereich (solare Kühlung) liegen. In beiden Fällen ist die Wärmebereitstellung kosten- und aufwandsfrei und es besteht ein wachsender Kühl-/Klimatisierungsbedarf.

Der Einsatz von Ab- beziehungsweise Solarwärme und natürlichen Kältemitteln hat das Potential, die Kältetechnik nachhaltiger, energieeffizienter und damit zukunftsfähiger zu machen. Die Fahrenheit GmbH bietet das thermische Kühlen für eine Vielzahl von Anwendungen. Das Unternehmen entstand 2002 als „Spin-off“ des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), damals unter dem Namen „SorTech AG“.

[Dr. Franka Kretschmer, Sales & Business Development, FAHRENHEIT GmbH, 06126 Halle (Saale), franka.kretschmer@fahrenheit.cool]

Weiterführende Informationen: https://www.fahrenheit.cool

Mittwoch, 19.06.2024